Vorsicht Wohnfläche
Tobias Geipel

Tobias Geipel

* Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung sowie Mieten und Pachten
* DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung DIAZert (S)
* TÜV-Rheinland geprüfter Sachkundiger für Immobilienbewertung und Schäden an Gebäuden.
* DEKRA zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung D3 (komplexe Wohn- u. gewerbliche Objekte)
* Fachreferent für Immobilienbewertung

Vorsicht illegale Wohnfläche

In Zeiten in welchen Immobilien zu Höchstpreisen verkauft werden, neigt der ein oder andere dazu seine Immobilie noch größer darzustellen als sie eigentlich ist. Nicht jede angegebene Wohnfläche ist auch tatsächlich Wohnfläche. Wer haftet für die Nutzbarkeit?

Einfamilienhaus

Nehmen wir das klassische Beispiel: Ein Einfamilienhaus wurde in den 50/60-Jahren erbaut. Es wurde voll unterkellert, der Keller auch als solcher genutzt. Im Erdgeschoss befindet sich die Hauptwohnung mit allen Wohn- und Nebenräumen. Das Dachgeschoss wurde bei Baubeginn nicht ausgebaut, es wurde als Dachboden gekennzeichnet. Nach einigen Jahren reichte die Wohnfläche im Erdgeschoss nicht mehr aus und es wurde begonnen den Dachboden in eigener Regie zu einer Wohnung umzuwandeln. Ebenso wurde im Keller der ein oder andere Kellerraum in Wohnraum umgebaut und als solcher genutzt. Nach einigen Jahren sollen dieses Haus verkauft werden. Der Erbauer bietet natürlich sein Haus mit der gesamten Wohnfläche aus Erdgeschoss, Dachgeschoss und Kellergeschoss zum Verkauf an. Und das mit gutem Gewissen. Denn das Dachgeschoss und Kellergeschoss wurde seit jeher als Wohnfläche benutzt.

Die neuen Käufer der Immobilie planen mit der nutzbaren Wohnfläche im Dachgeschoss und Kellergeschoss. Diese Flächen werden benötigt da die Familie eine entsprechende Personenzahl aufweist. Leider wurde jedoch beim Ausbau des Dachgeschosses und Kellergeschosses kein Bauantrag (Umnutzung) beantragt. Somit liegt hierbei eine „illegale“ Wohnfläche vor. Der neue Eigentümer muss, um diese Fläche nutzen zu dürfen, einen Bauantrag (Umnutzung) stellen und hoffen eine Genehmigung hierfür zu erhalten. Selbstverständlich ist dieses mit Kosten verbunden. Ob eine Genehmigung erteilt wird oder nicht ist u.a. abhängig von der Landesbauordnung. Diese regelt ganz genau, was als Wohnraum genutzt werden darf und was nicht. Im schlimmsten Fall darf der neue Käufer der Immobilie diese Flächen nicht als Wohnfläche nutzen und muss sie der ursprünglich genehmigten Nutzungsart wieder zuführen (Rückbau). Selbstverständlich haftet in diesem Fall der Verkäufer der Immobilie wenn er die Fläche als „Wohnfläche“ verkauft hat. Inwieweit dieser noch greifbar ist, ist natürlich eine andere Frage.

Mehrfamilienhaus

In einem anderen Fall stellen wir uns ein Mehrfamilienhaus vor. Die offensichtliche Nutzung: Zwei Wohnung im Erdgeschoss, zwei Wohnungen im Obergeschoss, zwei Wohnungen im Dachgeschoss. Alle Wohnungen sind vermietet. In der Baugenehmigung werden jedoch nur vier Wohnungen aufgeführt. Die zwei Wohnungen im Dachgeschoss sind nicht genehmigt, lediglich als Dachboden gekennzeichnet. Der Ausbau erfolgte nach der Baugenehmigung und es wurde kein Änderungsantrag bestellt. Wenn jetzt der Eigentümer ein 6-Familienhaus an einen neuen Käufer verkauft und dieser im Nachhinein feststellt, dass zwei Wohnungen (Dachgeschoss) nicht genehmigt sind fangen die Probleme richtig an. Der neue Eigentümer muss die Wohnung nachgenehmigen lassen. Ist dies nicht möglich und die Wohnungen sind vermietet, dürfen die Wohnung nicht mehr genutzt werden und der neue Eigentümer muss gegebenenfalls für die Mieter Ersatzwohnraum beschaffen. Somit entgehen ihm die Mieteinnahmen der zwei Wohnungen und zusätzlich darf er eventuell noch für den Ersatzwohnraum zahlen.

Beachten

Das waren nur zwei Beispielen. In der täglichen Praxis sieht man jedoch viele Variationen mehr. Darum ist zu empfehlen bei jedem Kauf oder Verkauf einer Immobilie sich die genehmigten Wohnflächen genauestens anzuschauen. Hierbei geht es weniger um 1 m² mehr oder weniger. Hierbei geht es vielmehr darum was genehmigter Wohnraum ist und was nicht. Denn die Folgen sind für alle Beteiligten oft schwer abschätzbar. Inwieweit eine Versicherung dies im Schadensfall berücksichtigt ist eine zusätzliche Frage die man sich stellen muss. Auch ist hierbei zu berücksichtigen dass es ein sogenanntes Gewohnheitsrecht nicht gibt.

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